Farben aus Pflanzen
Teil 3

Karin Genitheim

Pflanzenfarben in der Kunst

Allgemeingut waren die Rezepte für Pflanzenfarben in der Kunst eher nicht, die Künstler hüteten ihr Geheimnis und nur chemische Analysen können heute die Inhaltsstoffe genau bestimmen.

Für die Buchmalerei wurden Färberpflanzen in den Klostergärten gezogen. Mit den Bindemitteln Eiweiß oder Pflanzengummi wurden Farben zum Malen aus Mineralien und Erden, aber auch aus pflanzlichen und tierischen Rohstoffen gewonnen. So bauten viele Künstler im heimischen Garten ihre eigenen Färberpflanzen an. Nur vermögende Künstler ließen sich Harze aus fernen Ländern kommen, das dunkelrote aus der Rinde des Drachenblutbaumes von den Kanarischen Inseln oder das senfgelbe Harz aus dem Saft der Gummigutt-Pflanze aus Südostasien, das auf Pergament wie Gold schimmerte.

Damit diese Farben haltbar und transportabel wurden, fertigte man sogenannte „Pezetti“ an, die in luftdichten Dosen aufbewahrt wurden. Kleine Leinentücher tränkte man zunächst in Alaun, ließ sie trocknen und tauchte sie dann in einen Farbsud, ließ sie wieder trocknen und wiederholte den Vorgang so lange, bis das Tuch vollständig vollgesogen von Farbe war. Die Tücher wurden zu kleinen Paketen, „Pezettis“ zusammengerollt. Brauchte man Farbe, wurden die kleinen Päckchen in Wasser gelegt, wo sie ihre Farbe wieder abgaben.

Pflanzenfarben vom Markt

Pflanzenfarben vom Markt

Pflanzenfarben aus dem Garten

Pflanzenfarben: Ringelblumen und Roter Mohn

Pflanzenfarben von einer Brachfläche

Pflanzenfarben, Johanniskraut

Pflanzenfarben zum Malen

Die zerkleinerten Pflanzenteile werden in einem Mörser zerrieben und mit etwas Wasser zu einem Brei gerührt, auf ein Baumwolltuch geschüttet und kräftig ausgepresst. Das, was da aus dem Tuch herauströpfelt, ist natürliche Pflanzenfarbentinte, mit der man sofort malen kann. Je nach Härtegrad oder Temperatur des Wassers verändert sich auch das Farbergebnis. Auch die Beschaffenheit des Mörsers, sei er aus Stein, Holz oder Keramik, führen zu unterschiedlichen Farbvariationen. Als Lösungsmittel kann man außer Wasser auch Alkohol oder Öl verwenden.

Der Farbton lässt sich auch durch Zugabe von Säuren oder Laugen verändern. Wenn wir z.B. frischen Rotkohl schneiden, färbt er unsere Hände intensiv rot. Wenn wir Rotkohl raspeln, mörsern und auspressen, erhalten wir ein sattes Blauviolett. Geben wir etwas Saures dazu (Essig, Zitronensaft,…), verändert sich der Farbton in ein Pink bis Rotviolett, Basisches (Salz, Asche, Backpulver, Natron, Seife, …) verändert den Ton hin zu Blau bis Tiefgrün, je nach Zugabe bis zu gelben Farbtönen.

  • Möchte man Aquarellfarben herstellen, mischt man die Pflanzensäfte mit Baumsäften, von Akazien-, Apfel-, Kirsch- oder Mandelbäumen. Wenn Äste oder der Stamm verletzt wurden, treten Baumsäfte aus, die gesammelt werden. Diese sogenannten „Gummen“ sind wasserlöslich. Die Farbentinte wird 1:1 damit gemischt, bis es sich im Saft auflöst. Trocknet das Wasser auf, bleibt eine lackartige, harte Masse übrig, die, mit etwas Honig verrührt, eine intensive Aquarellfarbe ergibt.
  • Um Farbpigmente (trockenes Farbpulver) aus der Farbentinte herzustellen, benötigt man einen Körper. Dazu eignen sich Erden in hellen Farbtönen, Eierschalen (ohne die Innenhaut!), Kreide, Milchzucker oder Stärke. In dieses helle oder weiße Pulver wird der Farbensaft eingerührt, die Mischung lässt man dann trocknen. Fertig ist das Pigment, mit dem man, je nach Bindemittel, die unterschiedlichsten Farbensorten herstellen kann.
  • Ölfarben erhält man, wenn Pigment mit wenig Öl im Mörser verarbeitet wird. Bitte nur Öle verwenden, die an der Luft trocknen! Geeignet sind z.B. Leinöl, Walnuss- oder Sonnenblumenöl.
  • Für Wachsmalstifte mischt man 1 Teil Pigment mit 1 Teil Öl und 1 Teil Bienenwachs und erwärmt die Mischung vorsichtig. Sobald das Wachs schmilzt, den Topf vom Herd nehmen und unter stetigem Rühren abkühlen lassen.
  • Temperafarben sind etwas aufwändiger: Eigelb oder ganze Eier und Öl im Verhältnis 1:1 mit einem Pürierstab zu einer glatten Masse verquirlen, dann das Pigment oder den Farbensaft sorgfältig unterrühren. Temperafarben eignen sich auch zum Drucken.

Das schöne und spannende an Pflanzenfarben ist die Tatsache, dass sie endlos kombinierbar sind, da sie selten chemisch rein sind und selten den genau gleichen Farbton abgeben, auch wenn mit derselben Pflanze gefärbt wurde. Das hängt von den Wetterverhältnissen ab, von der Jahreszeit, von Bodenverhältnissen …

Mit Überraschungen muss immer gerechnet werden!

Viel Spaß beim Experimentieren!

Zum Beispiel im Kurs „Farbenrausch“ mit Karin Genitheim

Quelle:

„Das Aktivieren von altem und neuem Wissen vereint das gesamte Netzwerk von sevengardens. Erfinden, forschen, ausprobieren und sich von den unterschiedlichsten Quellen inspirieren lassen – so lautet das Credo, das zu nachhaltigem Lernen führt.“
Dieses (und noch mehr) Wissen über Färberpflanzen stammt aus dem überaus interessanten Buch von Irmela Erckenbrecht und Peter Reichenbach: Farbstark mit sevengardens. Das Färbernetzwerk für eine bessere Welt. Mit Pflanzenfarben malen, färben, gestalten, Pala-Verlag, 2017.
Mehr über das Bildungsprojekt sevengardens

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